Veranstaltungen

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Verlängerte Öffnungszeiten an den Adventssamstagen

 

 

 

Liebe KundInnen,

an allen Adventssamstagen haben wir von 9 bis 18 Uhr geöffnet, an den Wochentagen wie üblich zwischen 9 und 19 Uhr.

Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

Ihre AutorenbuchhändlerInnen

Adventslesung mit Philip Waechter

Freitag, 23. November 2018

ab 17.30 Uhr: Fensterbemalung
ab 18 Uhr: Lesen und Zeichnen rund um  Toni. Und alles nur wegen Renato Flash

Fast genau einen Monat vor Heiligabend zaubert Philip Waechter Weihnachtswünsche und Fußballträume auf unsere Fensterscheiben – und Ihr dürft schauen und staunen, bevor wir im Warmen mit dem berühmten Kinderbuchillustrator zum Zeichenstift greifen: Vielleicht erfindet er eine neue Figur oder eine neue Geschichte mit Euch? Ein Weihnachtsmärchen oder einen Heldinnenroman? Auf alle Fälle aber dürft Ihr Tonis Abenteuern in Waechters neuem Buch lauschen: Toni. Und alles nur wegen Renato Flash.

für Kinder zwischen 4 und 10

Bitte bringt Stifte und Blöcke mit!

Buchempfehlung

Katherine Norbury – Die Fischtreppe

Eine Reise flussaufwärts. Aus dem Englischen von Sigrid Ruschmeier

In den ersten Lebensjahren wurde Katherine Norbury liebevoll in einem Kloster von Nonnen aufgezogen. Ihre Mutter war zur Niederkunft dort aufgetaucht und direkt danach wieder verschwunden. Später wurde Katherine von einem Ehepaar, das sich ein weiteres Kind wünschte, adoptiert. Dass sie nicht das leibliche Kind ihrer Eltern ist, zu denen sie ein inniges Verhältnis hat und die für sie stets ihre wirklichen Eltern waren, wurde von diesen nur einmal erwähnt und dann nie wieder thematisiert. Norbury scheibt, sie habe die Frau, die sie zur Welt gebracht hat, nie vermisst. Aber als sie längst erwachsen und verheiratet ist und selbst eine Tochter hat, entsteht nach einer Reihe von Schicksalsschlägen in ihr der Wunsch zu erfahren, woher sie stammt und warum sie weggegeben wurde.

Sie beginnt, Nachforschungen anzustellen. Ihre Suche dauert eine Reihe von Jahren, unterbrochen vom „normalen“ Gang des Lebens. Als sie schließlich vermeintlich am Ziel anlangt, ist vieles ganz anders, als sie es sich früher gedacht hatte. Ihr Weg zum Ursprung ihres Lebens verschränkt sich mit einem anderen, von ihr schon lange gehegten, Wunsch: Da sie immer schon gerne durch die einsamen Landschaften Nordenglands gewandert ist, beschließt sie, einem Fluss vom Meer bis zur Quelle zu folgen.

„Nature Writing“, Bücher, die sich auf literarische Weise mit Tieren, Pflanzen, Landschaften und dem Verhältnis des Menschen zu und in der Natur beschäftigen, ist in den letzten Jahren auch hierzulande immer populärer geworden. Viele dieser Bücher üben eine ruhige, soghafte Faszination aus. Obwohl der Autor im Text stets präsent ist, ist er nur indirekt Gegenstand des Erzählten. Auch in Die Fischtreppe korrespondieren Innen und Außen wechselseitig, aber im Gegensatz zu vielen – zumeist von Männern verfassten – Büchern spart Katherine Norbury das Persönliche nicht aus.

Sie erzählt auf beeindruckende Weise von den Landschaften, die sie durchwandert. Nicht gierig nach dem einmaligen Kick des Außergewöhnlichen, der nach steter Steigerung verlangt, sondern langsam, mit offenen Sinnen. Berührbar für alles, was da kommt. Für Unsicherheit, Erschöpfung, Freude und Schönheit. Für Licht, Geräusche, Sonne. Kälte, Schwingungen und Stimmungen. Aber obwohl es sie in die „wilde“ Natur zieht und zu einsamen Wanderungen drängt und trotz ihres Muts, mit mangelhaftem Kartenmaterial durch neblige Wasserlandschaften zu gehen, hat sie auch Ängste. Vor verschmutztem Wasser, davor, im Nebel im Moor vom Weg abzukommen oder auch vor einem Mann, der ihr an einem einsamen Strand begegnet. Diese Berührbarkeit und Beharrlichkeit sind es auch, die sie, nach einer Reihe von Schicksalsschlägen dazu bringen, ihrer eigenen Herkunft nachzugehen. Die Fischtreppe erzählt von den beiden Wegen, auf denen sie durch Höhen und Tiefen zum Ursprung findet.

Ruth Roebke, Bochum

 

Zur Autorin / Zum Autor:

Katharine Norbury, in Liverpool geboren, arbeitete lange als Produktionsassistentin fürs Fernsehen, bevor sie sich im Zuge einer schweren Krankheit eigenen Schreibprojekten zuwandte. Dabei entstand ihr 2015 veröffentlichter Debütroman The Fish Ladder, für den sie gleich mehrere Auszeichnungen und Nominierungen in Großbritannien erhielt.

Der Irak im Umbruch – Birgit Svensson im Gespräch mit Bruno Schoch

Herder Verlag, 22.- €

Der Irak im Umbruch

Birgit Svensson im Gespräch mit Bruno Schoch

Montag, 8. Oktober 2018, 20 Uhr

„Es gibt eine neue Zeitrechnung im Irak: vor und nach Daesh – der Terrormiliz IS. Dies zeigt sich besonders deutlich bei den Parlamentswahlen im Mai 2018. Die neue Zeitrechnung, die seit Ende der Dschihadistenherrschaft besteht, gilt jetzt auch politisch. Das Land ist im Umbruch, die Jugend auf dem Vormarsch“. So beginnt eine der letzten von zehn Reportagen in Birgit Svenssons Buch, die vom Einmarsch der amerikanischen und britischen Truppen über den missglückten Neuanfang nach dem Krieg, als sich die Bilder von Abu Ghraib ins Gedächtnis brannten, dem Versinken des Lands im Terror bis zur Entwicklung heute reichen. Reportagen über die gescheiterte Wiederherstellung der Justiz, über die Lage von Frauen im Irak, über Fluch und Segen des Erdöls zeichnen ein vielschichtiges Bild eines Lands im Umbruch.
Für Birgit Svensson ist der Irak ein Schlüsselland für die gesamte Entwicklung im Nahen und Mittleren Osten. Ohne das Desaster des Irak-Kriegs und dessen Folgen, so Svensson, sähe die Region heute völlig anders aus.

Birgit Svensson
lebt und arbeitet seit 2003 als freie Journalistin in Bagdad u.a. für Die Zeit, Die Welt, den Deutschlandfunk und die Deutsche Welle. Sie ist eine der wenigen westlichen Journalist*innen, die trotz hohen Sicherheitsrisikos kontinuierlich aus dem Irak berichten. Sie war beim Sondertribunal für die Verbrechen Saddam Husseins zugelassen, berichtete von der hart umkämpften Öl-Stadt Kirkuk und bereiste immer wieder auch den Süden Iraks.
2015 gab sie die erste Anthologie irakischer Schriftstellerinnen nach dem Sturz Saddam Husseins heraus.

Bruno Schoch
Assoziierter Forscher an der Hessischen Stiftung Friedens –und Konfliktforschung (HSFK), Mitherausgeber des Friedensgutachtens, Beirat der Heinrich-Böll-Stiftung Hessen

Eine Veranstaltung in Kooperation mit der Heinrich Böll Stiftung Hessen e.V.

Georgien – Neue Literatur einer alten Kultur

Mit Zaal Andronikashvili und Ruthard Stäblein

Montag, 17. September 2018, 20 Uhr

Georgien, Ehrengast der Buchmesse 2018, erstreckt sich vom Kaukasus bis ans Schwarze Meer. Das mythologische Land der Kolchis ist Heimat der Medea und kann auf eine 1500-jährige Literaturgeschichte zurückblicken. Dennoch ist georgische Literatur hierzulande weitgehend unbekannt. Zu Recht? Ist es die kleine Literatur einer kleinen Nation oder doch Weltliteratur? Wie beeinflusst war die georgische Literatur von der russischen? Was bestimmt die Romane seit der Unabhängigkeit Georgiens 1991? Welche Gegenwartsromane machen in Tiflis Furore?

Um über die spannendsten Neuerscheinungen zu diskutieren, haben wir den Literaturwissenschaftler Zaal Andronikashvili und den Moderator Ruthard Stäblein eingeladen, zwei herausragende Kenner der georgischen Literatur, Kultur und Politik. Besprochen werden unter anderem Archil Kikodzes Südelefant, Tamta Melaschwilis Abzählen und Nino Haratischwilis neuer Roman Die Katze und der General.

Dr. Zaal Andronikashvili studierte Germanistik, Geschichte und Archäologie in Georgien und Deutschland und beendete sein Studium mit der Dissertation über Die Erzeugung des dramatischen Textes, ein Beitrag zur Theorie des Sujets an der Universität Göttingen. Seit 2006 forscht er am Zentrum für Literatur- und Kulturforschung (ZfL) in Berlin mit einem Arbeitsschwerpunkt zur Kulturgeschichte Georgiens, des Kaukasus, des Schwarzmeerraumes und der Sowjetunion.

Ruthard Stäblein studierte in Deutschland und Frankreich Germanistik, Romanistik, Komparatistik und Philosophie und beendete sein Studium mit einer Arbeit über Benjamin und Baudelaire an der Sorbonne. Seit 1998 ist er Redakteur für Literatur beim Hessischen Rundfunk und ist u.a. für eine Vielzahl an Hörbuchfassungen verantwortlich – zuletzt für Nino Haratischwilis neuen Roman Die Katze und der General.

Gefangen in Prag nach 1968

Helmer Verlag, 16.- €

Sibylle Plogstedt im Gespräch mit Ilse Lenz

Montag, 13. August 2018, 20 Uhr

1968 – das Jahr der Studentenrevolte – begann mit dem »Prager Frühling« in der Tschechoslowakei. Doch die Reformversuche der Partei- und Staatsführung endeten am 21. August mit dem Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes.
Sibylle Plogstedt, als Studentin in der Opposition gegen den Einmarsch aktiv, wird 1969 von der Staatssicherheit der Tschechoslowakei verhaftet. Sie ist zu dem Zeitpunkt 24 Jahre alt und verbringt eineinhalb Jahre Haft in Ruzyně. Erst Jahrzehnte später kann sie ihre politische Gefangenschaft in diesem Buch aufarbeiten.

Sibylle Plogstedt schlägt anhand der eigenen Biografie ein zentrales Kapitel osteuropäischer und bundesdeutscher Vergangenheit auf – vom Prager Frühling und dessen Niederschlagung über die Aktionen der westdeutschen Linken bis hin zum erwachenden Feminismus.

Sibylle Plogstedt
wurde in Berlin geboren, absolvierte dort ein Studium der Sozialwissenschaften und war von 1965 bis 1969 Mitglied im SDS. 1969 geriet sie in Prag in politische Haft. An der Freien Universität in Berlin wurde sie von 1974 bis 1976 mit Berufsverbot belegt. Sibylle Plogstedt hat 1976 die feministische Zeitschrift »Courage« mit gegründet und bis 1984 herausgegeben. Von 1986 bis 1989 war sie Redakteurin beim Vorwärts, danach freie Journalistin für verschiedenen Fernseh-, Hörfunk- und Internetredaktionen. Sie lebt als freie Autorin im Wendland.

Ilse Lenz
ist Professorin em. für Soziologie (Geschlechter- und Sozialstrukturforschung) an der Ruhr-Universität-Bochum. Schwerpunkte in Forschung und Lehre sind u.a. Globalisierung, Geschlecht und Arbeit, Frauenbewegungen im internationalen Vergleich; komplexe soziale Ungleichheiten (Klasse, Ethnizität, Geschlecht).

 

 

Eine Veranstaltung in Kooperation mit der HEINRICH BÖLL STIFTUNG HESSEN e.V.

Bilderbuchferien 2018

Hurra, es sind wieder Sommerferien!!!

Wir laden alle Kindergarten- und Grundschulkinder ein!

Die Veranstaltung dauert jeweils etwa eine halbe Stunde.

Kommt vorbei, wir freuen und auf euch!

AfD in Parlamenten – Themen, Strategien, Akteure

Wochenschau Verlag, 14.90 €

Lisa-Marie Klose und Benno Hafeneger im Gespräch mit Heike Ließmann

Montag, 25. Juni 2018, 20 Uhr

Europaweit beschäftigen rechtspopulistische Parteien die Menschen, die Medien und nach dem Einzug jener Parteien in die Parlamente auch den politischen Alltag.
Benno Hafeneger, Hannah Jestädt, Lisa-Marie Klose und Philine Lewek haben sich in einer umfangreichen Studie mit den ersten parlamentarischen Aktivitäten der AfD in kommunalen Parlamenten in Hessen und Niedersachsen sowie im Landtag von Rheinland-Pfalz beschäftigt. Sie beleuchten u.a. die Wahrnehmung der etablierten Parteien von und den diffizilen Umgang mit der AfD. Die Untersuchung versteht sich als ein aufklärender Beitrag über die AfD mit Blick auf ihre parlamenta­rischen Aktivitäten und zugleich als Anregung für eine differenzierte Auseinandersetzung mit der AfD im Parlamentsbetrieb.

Neben dieser bereits veröffentlichten Studie werden die Autoren im Gespräch mit Heike Ließmann auch die Ergebnisse einer weiteren Studie zu „AfD – Jugend, Jugendarbeit, Jugendpolitik“ thematisieren.

Lisa-Marie Klose, M.A. Politikwissenschaft, Philipps-Universität Marburg; ab SS 2018 wissenschaftlicher Mitarbeiterin in der vergleichenden Politikwissenschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt.

Benno Hafeneger, Dr. phil., Prof.(em) am Institut für Erziehungswissenshaften der Philipps-Universität Marburg.

Heike Ließmann, Redakteurin in der Redaktion Bildung und Wissenschaft bei hr Info.

Fortschritt. Zur Erneuerung einer Idee

Campus Verlag 24,95 €

Peter Wagner im Gespräch mit Axel Honneth

Montag, 4. Juni 2018, 20 Uhr

Prismen – Institut für Sozialforschung bei Marx & Co

Peter Wagners Essay Fortschritt greift ein in eine Situation des Zukunftspessimismus und der gesellschaftlichen Orientierungslosigkeit. Er erinnert an die Erwartung der beginnenden Moderne, mit der Freisetzung der Vernunft aus Bevormundung und Willkür seien die Bedingungen geschaffen für kontinuierliche Fortschritte in allen Bereichen des menschlichen Lebens. Diese Idee eines allgemeinen historischen Fortschritts der Menschheit ist uns gründlich abhandengekommen. Während die einen der Meinung sind, mit der Herausbildung der liberalen Demokratie habe sich das Versprechen des menschheitlichen Fortschritts im Grunde erfüllt, blicken andere auf drohende ökologische Katastrophen sowie das Fortbestehen von Krieg und Gewalt, Armut und Ungleichheit, Ausbeutung und Unterdrückung. Wenn es überhaupt noch so etwas wie Fortschritt geben könne, dann liege er in der Vermeidung von Rückschritten. Peter Wagner plädiert nicht für eine Rückkehr zur geschichtsphilosophisch aufgeladenen Fortschrittsidee des 18. und 19. Jahrhunderts. Nicht nur realhistorische Erfahrungen haben sie unwiderruflich diskreditiert, sondern auch die ihr inhärente raumzeitliche Hierarchie zwischen denen, die als fortschrittlich gelten, und jenen, die als überholt oder rückständig und modernisierungsbedürftig dastehen. Vielmehr greift Wagner die postkolonialen, rassismuskritischen und feministischen Einwände gegen das Fortschrittsnarrativ auf und fragt, ob und wie sich aus der Analyse vergangener und gegenwärtiger sozialer Kämpfe Elemente eines ermutigenden Begriffs von Fortschritt rekonstruieren lassen, der unser Handeln erneut motivieren und aus der Sackgasse vermeintlicher Alternativlosigkeit herausführen könnte.

 

Peter Wagner ist ICREA Forschungsprofessor am Institut für Soziologie an der Universität von Barcelona; am Institut für Sozialforschung ist er Mitglied des Internationalen Wissenschaftlichen Beirats. Zu seinen Buchveröffentlichungen zählen: Soziologie der Moderne. Freiheit und Disziplin (Frankfurt a. M. und New York: Campus 1995); Moderne als Erfahrung und Interpretation. Eine neue Soziologie zur Moderne (Konstanz: UVK 2009); (zusammen mit Bo Stråth) European Modernity. A Global Approach (London: Bloomsbury Academic 2017).

Axel Honneth ist Direktor des Instituts für Sozialforschung und Jack C. Weinstein Professor of the Humanities an der Columbia University, New York. Er ist Autor von Kampf um Anerkennung. Zur moralischen Grammatik sozialer Konflikte (Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1992); Das Recht der Freiheit. Grundriß einer demokratischen Sittlichkeit (Berlin: Suhrkamp 2011); Die Idee des Sozialismus. Versuch einer Aktualisierung (Berlin: Suhrkamp 2015).

 

Peter Wagners Buch Fortschritt. Zur Erneuerung einer Idee ist 2018 in der Schriftenreihe des IfS »Frankfurter Beiträge zur Soziologie und Sozialphilosophie« beim Campus Verlag erschienen.

Gefängnis und Armut. Zur gesellschaftlichen Wirklichkeit der Strafpraxis in Deutschland

Campus Verlag, 14 €

Friederike Boll, Franziska Dübgen und Frank Wilde im Gespräch mit Felix Trautmann

Montag, 23. April 2018, 20 Uhr

Prismen – Institut für Sozialforschung bei Marx & Co

Das Gefängnis gilt als negatives Spiegelbild der Gesellschaft. Wer dort einsitzt, hat eine Tat begangen, die gesellschaftlich inakzeptabel ist und entsprechend sanktioniert wird. Bei genauerer Betrachtung der Gefängnispopulation zeigt sich jedoch auch, dass die gesellschaftliche Strafpraxis bestimmte Bevölkerungsschichten in besonderer Weise kriminalisiert und dem Gefängnis aussetzt. Einen entscheidenden Faktor stellt dabei die soziale Lage dar. Armut treibt die Menschen zwar nicht notwendig in die Kriminalität, doch kann durchaus behauptet werden, dass das Gefängnis bestehende soziale Ungleichheiten reproduziert und verstärkt. Um die verhängnisvollen Wechselbeziehungen von Armut und Gefängnis zu begreifen, müssen die strafrechtspolitischen, sozialen und ökonomischen Dynamiken in einem größeren Zusammenhang und über die Mauern des Gefängnisses hinaus betrachtet werden. In der Zusammenschau von Sozialstruktur und Strafpraxis, wie sie von Otto Kirchheimer und Georg Rusche bereits in den 1920er Jahren vorgeschlagen wurde, erweisen sich die Forderungen nach schärferen Strafen zur besseren Verbrechensbekämpfung als genauso verfehlt wie die aktuelle Diskussion über das »hohe Niveau« der sozialen Sicherungssysteme in Deutschland. Die Frage, wie Gesellschaften mit Kriminalität umgehen sollten, kann ohne den Verweis auf die armutsverschärfende Wirkung der gegenwärtigen Strafpraxis nicht mehr angemessen diskutiert werden.

Hintergrund des Gesprächs bildet der Themenschwerpunkt »Armut und Gefängnis« (hg. von Il-Tschung Lim, Daniel Loick, Nadine Marquardt und Felix Trautmann) in WestEnd. Neue Zeitschrift für Sozialforschung 2/2017.

Friederike Boll hat Rechtswissenschaften in Frankfurt und Wien studiert und arbeitet derzeit in Frankfurt als Anwältin im Arbeitsrecht, Antidiskriminierungsrecht und LGBTIQ-Personenstandsrecht. Sie ist darüber hinaus aktives Mitglied in der Vereinigung demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ), dem bundesweiten Netzwerk kritischer Juristen (kritjur) und in verschiedenen queeren Kontexten.

Franziska Dübgen lehrt am Institut für Kulturwissenschaft der Universität Koblenz-Landau und ist dort Ko-Leiterin des Forschungsprojekts »Diversität, Macht und Gerechtigkeit«. Promoviert hat sie mit einer Arbeit über zeitgenössische Gerechtigkeitstheorien der Kritischen Theorie im Spiegel postkolonialer Ansätze. Von 2015 bis 2017 war sie Leiterin der Nachwuchsforschungsgruppe »Jenseits einer Politik des Strafens« an der Universität Kassel. Für den Junius-Verlag verfasste sie eine Einführung zu Theorien der Strafe.

Felix Trautmann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Sozialforschung. Aktuell arbeitet er in einem Forschungsprojekt mit dem Titel »Paradoxien der Gleichheit. Die Demokratie und ihre Kulturindustrie«. Darüber hinaus ist er Mitglied von KNAS[ ], der Initiative für den Rückbau von Gefängnissen.

Frank Wilde arbeitet als Sozialpädagoge in verschiedenen Arbeitsbereichen der freien Straffälligen- und Wohnungslosenhilfe in Berlin. Aktuell ist er Projektleiter beim Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg in einem Beratungsangebot für ältere Strafgefangene. 2016 ist seine Dissertation Armut und Strafe. Zur strafverschärfenden Wirkung von Armut im deutschen Strafrecht (Springer VS-Verlag) erschienen.

Vorstellung der neuen Zeitschrift Jalta – Positionen zur jüdischen Gegenwart

Hannah Peaceman und Micha Brumlik (Hrsg.)

Dienstag 6. März 2018, 20 Uhr

Jalta – Selbstermächtigung. Desintegration. Allianzen

Moderation: Karen Körber

Im Oktober 2017 ist die zweite Ausgabe der Zeitschrift Jalta – Positionen zur Jüdischen Gegenwart mit dem Themenschwerpunkt „Desintegration“ erschienen. Die jüdischen und nicht-jüdischen Autor*innen erkunden die Potentiale einer Gesellschaft der Vielen, die sich über die Vorstellung einer auf Einheit basierenden Gemeinschaft hinwegsetzt.

Zwei der Herausgeber*innen, Micha Brumlik und Hannah Peaceman, stellen Jalta im Kontext der politischen Verhältnisse nach der Bundestagswahl sowie dem Erstarken rechter und faschistoider Bewegungen vor. Sie verorten die Beiträge zur jüdischen Gegenwart und diskutieren vergangene und gegenwärtige Interventionsmöglichkeiten jüdisch-postmigrantischer Allianzen.

Hannah Peaceman studierte Philosophie, Politikwissenschaften und Gender Studies in Marburg, London, Frankfurt und Jena. Sie promoviert am Max-Weber-Kolleg in Erfurt. Von 2010 bis 2016 war sie Stipendiatin des Ernst-Ludwig-Ehrlich Studienwerks (ELES).

Micha Brumlik ist emeritierter Professor am Institut für Allgemeine Erziehungswissenschaft der Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt am Main. Von 2000 bis 2005 war er Leiter des Fritz Bauer Instituts. Seit 2013 ist er Senior Professor am Zentrum Jüdische Studien Berlin/Brandenburg in Berlin.

Karen Körber, promovierte Soziologin, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Akademie der Weltreligionen der Universität Hamburg. 2012-14 war sie die erste Fellow am jüdischen Museum Berlin. Forschung und Publikationen zu jüdischer Diaspora, Migration und Transnationalisierung.

 

Nachrichten aus dem gelobten Land – Die Briefe der Anuta Sakheim

weissbooks, 14.- €

Buchvorstellung und Lesung

Montag, 5. Februar 2018, 20 Uhr

Lesung der Briefe: Alice von Lindenau

Einführung: Prof. DW Dreysse, Architekt und Mitglied der Initiative 9. November

Im April 1933 flieht die junge Frankfurter Witwe Anuta Sakheim mit ihrem kleinen Sohn Ruben nach Palästina. Im fremden Land, dessen Sprache sie nicht spricht, kauft sie von ihrem letzten Geld ein Auto – und verdient als erste Taxifahrerin in Tel Aviv ihren Lebensunterhalt. Zeit für Ruben bleibt ihr kaum. Um schließlich dem inzwischen Fünfzehnjährigen eine Zukunft zu ermöglichen, schickt sie ihn schweren Herzens 1938 zu ihrer Schwägerin nach New York. Es wird ein Abschied für immer. Einsam und mittellos nimmt sich Anuta Sakheim im Juli 1939 das Leben.

Ihr Sohn, heute 94 Jahre alt, schreibt: „Wenn wir in Deutschland geblieben wären, wäre ich 1943 zwanzig Jahre alt gewesen. Das war gerade das richtige Alter, um in ein KZ wie Auschwitz geschickt zu werden. Dieses Schicksal hat mir meine liebe und weitsichtige Mutter erspart.“

Anutas Briefe berichten von ihren Sorgen, ihrem Alltag im fremden Land und von der Sehnsucht nach ihrem Sohn sowie von der immer gefährlicher werdenden Lage in Palästina. Herausgegeben wurden die Briefe von Katharina Pennoyer und der Initiative 9. November.

Die Initiative 9. November e. V. gründete sich 1988, um die jüdische Vorgeschichte des Hochbunkers an der Friedberger Anlage zu erschließen. An dieser Stelle hatte die Synagoge der Israelitischen Religionsgesellschaft gestanden, die 1938 von den Nazis zerstört und danach mit dem Hochbunker überbaut worden war.

Alice von Lindenau, Schauspielerin, geboren 1983,  Engagements zuletzt beim Schauspiel Frankfurt und den Burgfestspielen Bad Vilbel, Publikumspreis der Schauspielbühnen Stuttgart für die beliebteste Schauspielerin 2012/13 als “Effi Briest”.