Wer besitzt das Internet? Die Freiheit im Netz und das Urheberrecht

BUCHVORSTELLUNG UND DISKUSSION MIT STEFAN KRAFT UND ALEXANDER PEUKERT

Datum:
Donnerstag, 4. April 2013 – 20:00
Eintritt:
frei
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„Raubkopierer“ gegen „Content-Mafia“ – so lauten die gegenseitigen Bezeichnungen der konfligierenden Parteien im Kampf um das Copyright. ACTA, ein internationales Handelsabkommen gegen „Produktpiraterie“, hat diesem Konflikt neue Schwungkraft verliehen. Während Netzaktivisten das geltende Urheberrecht für längst überflüssig halten und in der zunehmenden Kontrolle der Behörden über das Netz eine viel größere Gefahr als im Tausch von Dateien sehen, verteidigt die Gegenseite die Rechte der Künstler an ihren Werken (und damit auch deren Existenzgrundlage) gegenüber der Gratis-Kultur im Internet.

Stefan Kraft hat als Herausgeber des Buchs „Wer besitzt das Internet?“ eine Vielzahl von Meinungen und Personen versammelt, die in diese Debatte involviert sind und möchte an diesem Abend zur regen Diskussion einladen.

Alexander Peukert ist Experte für Immaterialgüterrecht. Er widmet sich in seiner Forschung der Analyse jener Konflikte, die sich am internationalen Ausbau des Urheberrechts und verwandter Schutzrechte entzünden.

Stefan Kraft ist Verleger und Publizist in Wien. Er arbeitete jahrelang als Technologie-Journalist für Tageszeitungen und Magazine.

Prof. Dr. Alexander Peukert ist Inhaber eines Lehrstuhls für Bürgerliches Recht und Wirtschaftsrecht mit Schwerpunkt im internationalen Immaterialgüterrecht an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“.

Der Neoliberalismus in Zeiten der Krise

BUCHVORSTELLUNG UND DISKUSSION MIT THOMAS BIEBRICHER

MODERATION: FRIEDER VOGELMANN

Datum:
Montag, 18. März 2013 – 20:00
Eintritt:
frei
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Mit der Finanzkrise 2008 sahen viele Beobachter das Ende des Neoliberalismus gekommen. Einige Jahre und mehrere Krisen später kann davon kaum mehr die Rede sein. Doch worum handelt es sich, wenn von Neoliberalismus die Rede ist?
In seinem Buch Neoliberalismus zur Einführung geht Thomas Biebricher dieser Frage zunächst mit einer Untersuchung der wichtigsten Vertreter neoliberalen Denkens von Friedrich August von Hayek bis zu Milton Friedman nach. Im Anschluss analysiert er gesellschaftliche Neoliberalisierungsprozesse in den USA, Großbritannien und Deutschland während der 1980er und 1990er Jahre.
Zu diesen Themenkomplexen und insbesondere auch der Zukunft des Neoliberalismus in Zeiten von Finanz- und Schuldenkrisen befragt Frieder Vogelmann den Autor.

Thomas Biebricher wurde 2003 in Freiburg mit einer Arbeit über Habermas und Foucault promoviert. Von 2009 bis 2012 leitete er eine Nachwuchsforschungsgruppe zum Thema ‚Krise und normative Ordnung – Variationen des Neoliberalismus und ihre Transformation‘ am Frankfurter Exzellenzcluster ‚Die Herausbildung normativer Ordnungen‘. Seit Oktober 2012 vertritt er die Professur für Politische Theorie und Philosophie an der Goethe-Universität Frankfurt.

Frieder Vogelmann promoviert zum Begriff der Verantwortung in der Philosophie bei Prof. Axel Honneth. Er war Mitglied der Nachwuchsgruppe „Variationen des Neoliberalismus“ am Exzellenzcluster. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Interkulturelle und Internationale Studien (InIIS) der Universität Bremen.

Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit der Karl Marx Buchhandlung.

Eine Empfehlung für Bibliophile

Gerade ist im Verlag Thomas Reche in der Reihe Ligaturen ein sehr schönes und sorgfältig gemachtes Buch erschienen: Abiku von Wole Soyinka
 
Ein Abiku ist ein Wechselbalg, das der Geisterwelt entstammt und als Mensch geboren wird. 
Die Gedichte des nigerianischen Nobelpreisträgers erscheinen in dieser Ausgabe erstmals auf Deutsch (übertragen von Julia Rotte und Hans Dieter Schäfer). Wole Soyinka schrieb diese Gedichte in den 60er und 70er Jahren auf Yoruba, jener Kultursprache, mit der er aufgewachsen ist und in der er seine poetischen und dramatischen Werke verfasst. Er übersetzte seine Gedichte selbst ins Englische.  
 
Die Gedichte werden von Aufnahmen von Barbara Klemm und Robert Lebeck, den beiden legendären Reportagephotographen begleitet.


 © Barbara Klemm


© Barbara Klemm

 
Barbara Klemm reiste 1974 zusammen mit ihrem Mann Leo Hilbert nach Nigeria um einen befreundeten Arzt zu besuchen, der im Grenzgebiet zu Kamerun arbeitete. Sie fotografierte auf Nebenwegen dieses Grenzgebiet.
 
Robert Lebeck reist 1960 für die Illustrierte Kristall quer durch Afrika, um den Beginn der postkolonialen Epoche festzuhalten. 
 
Das in rotem Leinen gebundene Buch, mit den Gedichten in Englisch und Deutsch, ist von allen drei Künstlern signiert und kostet 39 €.
 
Es gibt verschiedene Vorzugsausgaben mit Originalabzug auf Barytpapier:
http://www.verlag-thomas-reche.de

Ralph Roger Glöckler – Mr. Ives und die Vettern vierten Grades

EINLADUNG ZUR AUTORENLESUNG

Datum:
Mittwoch, 5. Dezember 2012 – 20:00
Eintritt:
frei
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Der Romantitel nennt einen amerikanischen Komponisten, der für seinen musikalischen Nonkonformismus bekannt ist, und spielt auf eine Zeile in einem Gedicht Walt Whitmans an, auf jenen “Gesang”, in dem es heißt, Anpassung sei für die Vettern vierten Grades, der Dichter trage seinen Hut aber so, wie es ihm gefalle, drinnen wie draußen.

Mit dem Roman Mr. Ives und die Vettern vierten Grades legt Ralph Roger Glöckler einen ungewöhnlichen Briefroman vor. Lose angelehnt an die Biografien von Henry Cowell, Charles Ives – zwei herausragenden Avantgarde-Komponisten des frühen 20. Jahrhunderts in den USA – und ihrer Frauen, variiert er diese vier durch Freundschaft und Erschütterung eng miteinander verwobenen Lebensfäden.
( Ausführliche Besprechung: http://www.kommbuch.com/buchempfehlungen/alle-empfehlungen.html?searchte… )

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Ralph Roger Glöckler, 1950 in Frankfurt geboren, studierte Germanistik, Romanistik und Völkerkunde in Tübingen. Er lebt als freier Autor und Übersetzer in Frankfurt, Lissabon und New York. Er veröffentlichte Reportagen, Reiseerzählungen, Gedichtbände und Romane. Im Elfenbein Verlag erschien 2001 der Gedichtband »Das Gesicht ablegen«, sowie die Azoren-Trilogie: »Corvo« (2005), »Madre« (2007) und »Vulkanische Reise« (2008).

Wolfgang Bittner – Hellers allmähliche Heimkehr. Roman

EINLADUNG ZUR AUTORENLESUNG

Datum:
Dienstag, 6. November 2012 – 20:00
Eintritt:
frei
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Wolfgang Bittner hat einen spannenden Roman über Vetternwirtschaft und Intrigen, über Mut und Scheitern, über Liebe und Freundschaft und über den ganz normalen politischen Wahnsinn in unserem Land geschrieben. In dem gerade erschienenen Roman kehrt der Journalist Martin Heller nach 25 Jahren in seine Heimatstadt zurück. Er wird Chefredakteur der Lokalzeitung und entdeckt hinter der gutbürgerlichen Fassade einen dichten Filz aus Korruption und Abhängigkeiten. Eine rechtsradikale Kameradschaft hat erstaunliche Macht und wird gedeckt, der Herausgeber und Eigentümer der Zeitung und andere Größen der Stadt sind in die Machenschaften involviert.

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Foto: Archiv W. Bittner 

Wolfgang Bittner, 1941 in Gleiwitz/Oberschlesien (jetzt Gliwice/Polen) geboren und lebt als freier Schriftsteller in Göttingen und Köln. Er studierte Rechtswissenschaft, Soziologie und Philosophie in Göttingen und München. Er arbeitete als Fürsorgeangestellter, Verwaltungsbeamter und Rechtsanwalt. Ausgedehnte Reisen führten ihn nach Vorderasien, Mexiko, Kanada und Neuseeland. Wolfgang Bittner schreibt für Erwachsene, Jugendliche und Kinder. Seine Bücher wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt; er erhielt mehrere Literaturpreise. Er ist Mitglied im Pen und im Verband deutscher Schriftsteller und war dort von 1997 bis 2001 im Bundesvorstand.

Ralph Roger Glöckler – Mr. Ives und die Vettern vierten Grades

Cover Mr. Ives

Buchempfehlung

Ein kurzer, beinahe unbekannter Text des französischen Philosophen Jacques Derrida trägt den Titel: “Ce qui reste à force de musique”, wörtlich übersetzt: “Was kraft der Musik bleibt”. Kaum ein Titel scheint geeigneter, versucht man, über Ralph Roger Glöcklers anspruchsvollen Roman Mr. Ives und die Vettern vierten Grades zu schreiben. Der Romantitel nennt einen amerikanischen Komponisten, der für seinen musikalischen Nonkonformismus bekannt ist, und spielt auf eine Zeile in einem Gedicht Walt Whitmans an, auf jenen “Gesang”, in dem es heißt, Anpassung sei für die Vettern vierten Grades, der Dichter trage seinen Hut aber so, wie es ihm gefalle, drinnen wie draußen.

In vier Teilen hat Glöckler die Gedanken von vier historischen Figuren, die Gedanken der Komponisten Ives und Cowell und seiner beiden Ehefrauen, so imaginiert, als würde ihre stumme Äußerung nie geschriebenen Briefen oder nie vermittelten Botschaften gleichen. Können solche Gedankenströme übertragen werden, den anderen berühren, der sie nicht als Nachrichten erhält, ja der im Falle von Charles Ives sogar tot ist, weil es sich um seinen Vater handelt? Diese Frage stellt sich in dem Maße, in dem es Glöckler nicht einfach um den äußeren Anlaß seines Romans geht, darum, wie sich die Figuren zu Henry Cowells Vorliebe für Jünglinge verhalten, die zu einer harten Gefängnisstrafe führt, und wie Cowell selber auf die Denunziation reagiert, die ihn öffentlich zum Außenseiter stempelt.

Worum es Glöckler geht, ist die sprachliche Gestaltung von Musik und die musikalische Gestaltung von Sprache. Er richtet sich auch ausdrücklich an den Werken von Ives und Cowell aus. Es geht Glöckler darum, darzustellen, wie diese Komponisten nicht anders können als beispielsweise in Umweltsgeräuschen eine Kraft auszumachen, die die der Musik ist, eine Kraft, die sich ihren Weg erst bahnt, statt einen vorgezeichneten Lauf zu nehmen. Diese Kraft teilt sich ebenfalls den Gedanken der Ehefrauen mit, vielleicht, weil sie der frei gelassenen Sprache selber innewohnt. Sie läßt die Komponisten in Räume treten, sie läßt sie Zeiten erfahren, die nicht mehr die wiedererkennbaren, gewohnheitsmäßigen der Außenwelt sind, obwohl sie sich nicht als bloße Innenräume oder als bloß inwendige Zeitwahrnehmungen abkapseln.

Könnte es nicht sein, daß es zwischen solchen Räumen und Zeiten eine Kommunikation gibt, die nicht die Form eines geschriebenen Briefs oder einer vermittelten Botschaft annimmt? Daß es “kraft der Musik” so sein könnte, so verstockt die eine oder andere der vier Figuren auch anmuten mag, legt dieser unangepaßte Roman ebenso nahe wie die Möglichkeit einer radikalen Vereinsamung, als sei sie der Preis, den man zahlen muß, um an die letztlich anonyme Kraft der Musik zu rühren.

Alexander García Düttmann, London

Ralph Roger Glöckler
Mr. Ives und die Vettern vierten Grades
Elfenbein Verlag, 2012, 19.- €

Über den Autor:

Ralph Roger Glöckler, geboren 1950 in Frankfurt a. Main, studierte Romanistik, Germanistik und Völkerkunde in Tübingen. Er lebt als Übersetzer und Schriftsteller in Frankfurt und Lissabon, wo im Herbst 2000 sein Theaterstück “Perpetuum Mobile. Cantata” uraufgeführt wurde. Zu seinen bisherigen Veröffentlichungen gehören Erzählungen und Romane. 1984 erschien “Reise ins Licht” , 2007 “Madre. Eine Erzählung” und 2008 “Vulkanische Reise. Eine Azoren-Saga”.



Bilderbuchferien

Wir laden alle Kindergarten- und Grundschulkinder ein!

In den Sommerferien lesen wir jeden Dienstag und Donnerstag um 10 Uhr ein Bilderbuch vor.

Wir freuen uns auf Euch!

Schöne Ferien wünschen die Buchhändlerinnen aus der autorenbuchhandlung!

Dienstag, 3. Juli 2012

Anke Wagner, Eva Eriksson
Timo und Pico ziehen um
Nord-Süd-Verlag
ab 4 Jahre

 
 

Donnerstag, 5. Juli 2012

Marianne Hoffmann, Reinhard Michl
Die kleine Birke
Hanser Verlag 
ab 5 Jahre

Dienstag, 10 Juli 2012

Alexis Deacon, Viviane Schwarz
Sieben Hamster
Gerstenberg Verlag
ab 3 Jahre

 
 

Donnerstag, 12. Juli 2012

Philip Waechter
Der fliegende Jakob
Beltz Verlag
ab 4 Jahre

Dienstag, 17. Juli 2012

Viola Rohner, Dorota Wünsch
Wie Großvater schwimmen lernte
Peter Hammer Verlag
ab 3 Jahre

 
 

Donnerstag, 19. Juli 2012

Chris Wormell
Der kleine Bär und die sechs weißen Mäuse
Sauerländer Verlag
ab 4 Jahre

Dienstag, 24. Juli 2012

John Fardell
Der Tag, an dem Louis gefressen wurde
Moritz Verlag
ab 4 Jahre

 
 

Donnerstag, 26. Juli 2012

Barbro Lindgren, Eva Eriksson
Die Geschichte vom kleinen Onkel
Oetinger Verlag
ab 5 Jahre

Dienstag, 31. Juli 2012

Anna Kemp, Sara Ogilvie
Wenn ein lila Nashorn kommt
Gerstenberg Verlag
ab 3 Jahre

 
 

Donnerstag, 2. August 2012

Eva Schatz, Stefanie Reich
Herr Anders
Tulipan Verlag
ab 4 Jahre

Dienstag, 7. August 2012

Axel Scheffler, Agnès Bertron
Frau Hoppes erster Schultag
Beltz Verlag
ab 4 Jahre

 
 

Donnerstag, 9. August 2012

Luc Foccroulle, Annick Masson
Das große Vorsingen
Nord-Süd-Verlag
ab 3 Jahre

 

Martin Dornes – Die Modernisierung der Seele

Cover Dornes

Buchempfehlung

Das Frankfurter Institut für Sozialforschung ist seit den Tagen Horkheimers und Adornos kaum dafür bekannt, dass es der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit in seinen Publikationen ein Übermaß an gesellschaftlichem Optimismus zumutet. Umso erstaunlicher, dass Martin Dornes, langjähriges Kollegiumsmitglied des Instituts, in seiner jüngsten Veröffentlichung im Hinblick auf die Situation von Kindern, Jugendlichen und Eltern in der zeitgenössischen Gesellschaft zu einer Einschätzung gelangt, die auf eine umfassende Entdramatisierung der gängigen Krisenszenarien hinausläuft.

Wenn der geneigte Leser das Feuilleton seiner Tageszeitung aufschlägt, wird er, weitgehend unabhängig von der linksliberalen oder konservativen Ausrichtung seines Lieblingsorgans, tagtäglich mit eher düsteren Meldungen zur psychosozialen Lage unseres Nachwuchses konfrontiert. Kinder seien reizüberflutet und unkonzentriert, sie hantierten nur noch mit Handys und Computern, globalisierungsgestresste Eltern begünstigten ein Klima der Wohlstandsvernachlässigung oder hinderten ihre Kinder durch subtile Formen der fürsorglichen Belagerung an ihrer Autonomisierung, der antiautoritäre Erziehungsstil fördere den allgemeinen Orientierungs- und Disziplinverlust und die von der Kultusbürokratie angezettelten G8-Reformen beraubten die Schüler ihrer Kindheit und verwandelten sie in miniaturisierte Leistungsträger . Dass 80 Prozent der Berichterstattung über Eltern und Kinder derart negativ ist, führt Dornes auf das Strukturprinzip der Medien zurück: Bad news are good news and good news are no news. Auf gut 500 Seiten widerlegen die von Dornes akribisch zusammengetragenen empirischen Daten dieses auf „atmosphärischen Labilitätseindrücken“ beruhende Lamento Punkt für Punkt und beweisen, dass die öffentlich gestreuten und gefühlten Wahrnehmungen mit den realen Fakten nicht übereinstimmen: „Noch nie,“ so die Essenz seiner Forschungsergebnisse, die ihm zweifellos aus allen Lagern den Vorwurf der Affirmation eintragen werden, „waren Kinder und Jugendliche in Deutschland so zufrieden, gesund, gebildet und wohlhabend wie heute.“ Gleichwohl räumt der Autor ein, dass sich in dem weit verbreiteten Gefühl, Kinder und Erwachsene würden immer kränker und alles würde immer unsicherer, eine begründete Ahnung über den inneren Zusammenhang von Freiheit und Risiko ausdrücke. „In der warmen Waschküche eingelebter Tradition lässt sich beengt, aber sicher leben. Betreten wir das freie Feld, so weht gelegentlich ein rauerer Wind, an den wir uns erst gewöhnen müssen, bevor wir ihn zu schätzen wissen; und mancher wird ein Leben lang die Waschküche bevorzugen.“

Dass Dornes Plädoyer für das Leben im Frost der Freiheit trotz seines einschüchternden Volumens auch für den Nichtwissenschaftler lesbar ist, mag ein Witz aus dem Vorwort illustrieren, mit dem der Autor seine fünfjährige Arbeit an seinem Studienobjekt charakterisiert. Eines Tages sagt der Ethnologe beim Frühstück zu seiner Frau: „Es gibt so viele Mythen, Gerüchte und schreckliche Geschichten über die Indianer. Ich will das alles mal genauer untersuchen.“ Nach vielen Jahren kehrt er zurück und seine Frau begrüßt ihn an der Haustür und sagt: „Schön, dass du wieder da bist. Und was hast du bei den Indianern eigentlich gelernt.“ Und der Ethnologe antwortet: „ich habe gelernt, dass alles halb so wild ist.“

Günter Franzen, Frankfurt am Main

Martin Dornes. Die Modernisierung der Seele. Kind-Familie-Gesellschaft
S. Fischer Verlag, 2012, 12.99 €

Souveränität – Freiheit – Demokratie

BÜCHERVORSTELLUNG UND DISKUSSION MIT DANIEL LOICK UND JULIANE REBENTISCH MODERATION: AXEL HONNETH

Datum:
Dienstag, 22. Mai 2012 – 20:00
Eintritt:
frei

In welchem Verhältnis stehen politische Souveränität, die immer auch Gewalt einschließt, und demokratische Freiheit zu einander? Zwei Neuerscheinungen gehen mit dieser Frage ganz unterschiedlich um. Wir wollen sie vorstellen und diskutieren.

Daniel Loick ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Philosophie der Goethe-Universität Frankfurt. In seinem Buch Kritik der Souveränität versteht er die staatliche Souveränität nach dem Vorbild von Adorno und Horkheimer als ironisch: Mit jedem Schritt, den die Menschen aus der Gewalt der Natur heraus tun, wächst die Gewalt des staatlichen Systems. Diese Dynamik als ironisch zu verstehen heißt zugleich, die Forderung nach einer grundsätzlichen Eliminierung von Gewalt in der Politik erheben. An die Stelle des Zwangs im Recht soll radikaldemokratische Partizipation treten.

Juliane Rebentisch ist Professorin für Philosophie und Ästhetik an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach. In Die Kunst der Freiheit vertritt sie die These, dass die Souveränität des Politischen nicht antidemokratisch, sondern eine wesentliche Strukturbestimmung der Demokratie ist. Die Souveränität des Politischen ist ein genaues Korrelat der Potentialität des demokratischen Subjekts und seiner Freiheit. In dieser Perspektive geht es nicht um die Überwindung, sondern um eine demokratische Transformation der Souveränität.

Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit dem
Institut für Sozialforschung, Frankfurt am Main.

Kritik der Souveränität

Daniel Loick, Kritik der Souveränität, Campus 2012, 34.90 €

Juliane Rebentisch, Die Kunst der Freiheit. Zur Dialektik demokratischer Existenz, Suhrkamp 2012, 16.00 €

Silvia Tennenbaum im Gespräch mit Ruth Fühner

GEMEINSAME VERANSTALTUNG IM UND MIT DEM BUCHLADEN LAND IN SICHT

FRANKFURT LIEST EIN BUCH

Datum:
Montag, 23. April 2012 – 20:30
Ort:
Buchladen Land in Sicht, Rotteckstr. 13
Eintritt:
8.- €
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Auch in diesem Jahr liest Frankfurt ein Buch: Silvia Tennenbaums Roman „Straßen von Gestern“.

Gemeinsam mit dem Buchladen Land in Sicht laden wir Silvia Tennenbaum zu einem Gespräch ein. Ruth Fühner wird sich mit Silvia Tennenbaum über die Entstehungsgeschichte des Buches unterhalten, über ihre Beziehung zu Frankfurt, der Stadt, in der sie aufgewachsen ist, die sie verlassen musste und die ihr jetzt dieses Lesefest widmet.

Silvia Tennenbaum erzählt in ihrem Roman „Straßen von Gestern“ von der untergegangenen Welt einer alteingesessenen Frankfurter Familie, die fest im liberalen deutsch-jüdischen Bürgertum verankert ist. Sie schildert die weit verzweigte Familiengeschichte der Wertheims von der Jahrhundertwende bis zum Ende des zweiten Weltkriegs.

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Silvia Tennenbaum wurde 1928 in Frankfurt am Main geboren und emigrierte 1938 in die USA. Sie studierte Kunstgeschichte an der Columbia University und arbeitete als Kunstkritikerin. 1978 erschien ihr erster Roman RACHEL, THE RABBI’S WIFE, der in den USA auf Anhieb zum Bestseller wurde. 1981 folgte der Roman YESTERDAY’S STREETS. Silvia Tennenbaum lebt auf Long Island und hält sich seit 1983 regelmäßig für einige Zeit in Frankfurt am Main auf.

Ruth Fühner, geb. 1953, Studium der Germanistik und Geschichte, Promotion über die Konstruktion von Subjektivität in modernen Autobiographien. Seit 1984 Autorin, Kritikerin und Moderatorin für hr2. Veröffentlichungen u.a. über den Frankfurter Grüngürtel, die Reformation und die Geschichte des Kibbuz. Aktuelles Projekt: ein Essay über Golda Meir.

Wolfgang Pohrt

Kapitalismus forever

Über Krise, Krieg, Revolution, Evolution, Christentum und Islam

Im Science-Fiction-Klassiker Alien kämpft eine Raumschiffbesatzung gegen ein außerirdisches Monster. Zur Crew gehört unter anderem der Android Ash, der eine exklusive Meinung über das Monster hat: „Ich bewundere die konzeptionelle Reinheit. Geschaffen, um zu überleben. Kein Gewissen beeinflusst es“. Einen Bruder im Geiste scheint Ash nun in Wolfgang Pohrt gefunden zu haben, der in seinem neusten Buch Kapitalismus Forever einer ähnlich bizarren Schwärmerei das Wort redet: „Wunderbar, dieses Kapital, einfach wunderbar. Sein einziger Daseinszweck besteht darin, sich zu vermehren – wie das Leben selbst“. Was macht, fragt man sich verwundert, der ausgewiesene Marxist Pohrt da bloß?
Während anderswo der kommende Aufstand beschworen wird, erklärt er leichthändig, warum der Kapitalismus trotz Krise so gut funktioniert und wieso sich die Kritik an ihm seit eh und je die Zähne ausbeißt. Die Formel für die Art und Weise, wie das Erzählen in Kapitalismus Forever vonstatten geht, wird gleich zu Beginn mitgeliefert: „Der Blick zurück ist ein Blick in den Spiegel“. Über die Abrechnung mit seiner eigenen Vergangenheit, die mit den 68ern eng verknüpft ist, gelangt Pohrt zu einer schonungslosen Analyse der gegenwärtigen gesellschaftlichen Verhältnisse.
Analog zum Android Ash, einem künstlichen Menschen, handelt es sich bei dem Ich, das in Kapitalismus Forever spricht, um eine Kunstfigur. Sie lässt ein bestimmtes Bild vom Autor entstehen. Pohrt erscheint zum einen unheimlich zynisch und altersweise, der gegen jeden und alles polemisiert: vor allem aber gegen den Marxismus. Das zu lesen macht Laune. Der Ton ist passagenweise so ätzend wie das grüne, schleimige Blut, das durch die Adern des Aliens rinnt. Zum anderen tritt Pohrt aber auch zutiefst verunsichert auf, mit sich selbst ringend, ob der Kapitalismus nicht doch endlich sei.
All das spielt sich auf knapp 100 Seiten ab. Die komplexe Themenreihe, wie sie der Untertitel annonciert, wird förmlich in Lichtgeschwindigkeit abgehandelt. Auf der Strecke bleiben dabei manchmal unweigerlich die Argumente und Pointen. Die Lektüre wird deshalb zu einer speziellen Kopfsache: Kopfnicken und Kopfschütteln wechseln sich dabei ab.  Sich stets bestätigt zu fühlen wäre allerdings auch langweilig.
Hoffnung auf ein Leben jenseits des Kapitalismus macht Pohrt jedenfalls nicht. Er würde es in der Hinsicht wohl eher mit Ash halten: „Sie scheinen immer noch nicht zu begreifen, womit Sie es zu tun haben: Mit einem perfekten Organismus“.

Malte Kleinjung

Wolfgang Pohrt
Kapitalismus Forever .  
Über Krise, Krieg, Revolution, Evolution, Christentum und Islam.
Edition Tiamat, 2012, 13,- Euro

 

 

 

Werkstattgespräch

ELISABETH EDL UND WOLFGANG MATZ

Datum:
Dienstag, 20. März 2012 – 20:00
Eintritt:
5,- Euro

Elisabeth Edl hat mit außergewöhnlichem Erfolg die beiden großen Romane von Stendhal „Rot und Schwarz“ und „Die Kartause von Parma“ übersetzt. Nun hat sie sich an eine Neuübersetzung von Gustave Flauberts „Madame Bovary“ gewagt, an jenes Buch, das Flaubert einen Prozess wegen „Unmoral“ eintrug, zugleich aber sofort seinen Ruhm gewann als der vollkommenste Roman der Geschichte. Legendär ist der Autor Flaubert, der jahrelang jeden Satz über die nächtliche Seine brüllte, bis er endlich perfekt war. Elisabeth Edl und der Lektor Wolfgang Matz erzählen in einem Werkstattgespräch, wie man große Romane in der Neuübersetzung nacherschafft und was die Unterschiede sind zwischen zwei gleichgroßen Autoren der Weltliteratur.

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Elisabeth Edl, 1956 geboren, lehrte von 1983 bis 1995 Germanistik in Poitiers (Frankreich). Für ihre Übersetzungen französischer Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts wurde sie u.a. mit dem Paul Celan?Preis, dem Petrarca?Preis, dem Hieronymus?Ring, dem Johann Heinrich Voß?Preis, dem Österreichischen Staatspreis und dem Zuger Anerkennungspreis ausgezeichnet. 2009 wurde sie zum Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung gewählt und zum Chevalier de l’Ordre des Arts et des Lettres der Republik Frankreich ernannt.

Wolfgang Matz, geboren 1955, arbeitet als Lektor beim Carl Hanser Verlag in München. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher und Aufsätze zur deutschen und französischen Literatur. Als Übersetzer französischer Prosa und Lyrik erhielt er den Paul Celan-Preis, den Petrarca-Preis und den Werkbeitrag der Pro Helvetia.