Per Petterson: Ist schon in Ordnung. Roman.
Aus dem Norwegischen von Ina Kronenberger
224 Seiten, Gebunden.
ISBN-13: 978-3-446-23640-0
€ 19,90 (D)
Als ein wohlmeinender Lehrer den Neuen in der Klasse des Osloer Gymnasiums bittet, den anderen Schülern und ihm doch etwas über sein Leben auf dem Land zu erzählen, rastet der 13jährige Audun aus. Er hat an diesem Morgen auf dem Weg zu der neuen Schule schon einen Regenguss überstanden, der ihn völlig durchnässt hat, und dem Direktor bei der Vorstellung klar gemacht, dass er seine Sonnenbrille auf keinen Fall in der Schule abnehmen wird, aber jetzt reicht es ihm. Er packt seine Tasche, steht auf und erklärt, er habe immer gute Noten gehabt und könne dem Lehrer gerne seine Zeugnisse zeigen, aber sein Privatleben ginge niemanden etwas an. Der Lehrer entschuldigt sich, die Klassenkameraden sind beeindruckt, und er gewinnt einen Freund.
Selten hat ein Autor seinen Protagonisten und Ich-Erzähler beeindruckender eingeführt als Petterson in „Ist schon in Ordnung“. Der 13jährige, der da gerade mit Mutter und Geschwistern aus der Provinz in ein Osloer Arbeiterviertel gezogen ist und so cool und selbstbewusst seinen ersten Schultag beginnt, fesselt von der ersten Seite an. Umso mehr, als wir uns seine Geschichte im Grunde aus den wie absichtslos zwischen genauen Beobachtungen des Alltags eingestreuten Hinweisen selbst zusammensetzen müssen. Über Gefühle spricht Audun nicht, höchstens in knappen Worten über Ereignisse – und was für welche: der Tod des Bruders, die Szenen mit dem unberechenbaren, gewalttätigen Vater, der Einzug des neuen Partners der Mutter und noch so einiges, was ausreichen würde, um einen Jugendlichen aus der Bahn zu werfen. Aber Audun geht wie ein moderner Huckleberry Finn unbeirrt seinen Weg – allein, wenn es sein muss, aber auch bereit und in der Lage, Hilfe anzunehmen, wo sie ihm angeboten wird. Er weiß genau, was er will, und tut, was nötig ist, ob er das Haushaltsgeld mit Zeitungsaustragen aufbessert, seinem Freund hilft, die Rowdys zu verprügeln, die dessen Vater zusammengeschlagen haben, oder ob er alles stehen und liegen lässt, um seine verheiratete Schwester vor ihrem, wie er glaubt, prügelnden Ehemann zu retten. Und wenn er uns an seinem 18. Geburtstag schließlich verlässt, dann braucht man keine Angst um ihn zu haben. Audun „ist schon in Ordnung“.
„Ist schon in Ordnung“ ist das erste Buch von Per Petterson, der hierzulande mit einigen späteren Büchern „Pferde stehlen“, bekannt geworden ist. Es ist auch das erste Buch, das ich von Petterson gelesen habe, aber bestimmt nicht das letzte. Mir ist selten ein Buch begegnet, das auf eine so knappe, unaufdringliche Art eine so dichte Geschichte erzählt. Erst im Gespräch darüber wird klar, wie viele einzelne Geschichten in diesen knapp 200 Seiten verpackt sind, wie viel Leben in einem doch relativ schmalen Buch steckt. Eine echte Entdeckung.
Irmgard Hölscher, Frankfurt am Main
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