Liebe, Kapitalismus, Online Dating

Kai Dröge und Olivier Voirol berichten von den Ergebnissen ihres Forschungsprojekts

Montag, 10. Oktober 2016, 20.00 Uhr

Prismen – Institut für Sozialforschung bei Marx & Co

Die affektiven Beziehungen in den digitalen Medien realisieren heute tatsächlich eine Art »Kapitalismus der Liebe«, einen Partnerschaftsmarkt, der extensive Selbstvermarktung fordert. Gleichzeitig aber hoffen die Nutzer_innen auf emotionale Verbindungen jenseits des bloß rationalen Kalküls. Hier aktualisiert sich eine Spannung, die für die Geschichte der modernen Gesellschaft insgesamt charakteristisch ist: Einerseits entwirft das moderne Liebesideal mit der Betonung von Intimität, Emotionalität und »Höchstpersönlichkeit« (Luhmann) eine Art Gegenwelt zum »kalten«, rationalen und unpersönlichen Tausch auf dem Markt. Andererseits ist die Liebe aber auch fester Bestandteil der kapitalistischen Gesellschaftsordnung, etwa in Gestalt des bürgerlichen Ehe- und Familienmodells.

Kai Dröge und Olivier Voirol haben die heutige Lebenswelt des Online Dating in einem breit angelegten Forschungsprojekt untersucht. Ihre Interviews mit Nutzer_innen zeigen, wie hier ökonomische Rationalisierungsprozesse greifen. Gleichzeitig ist aber auch im Netz das Versprechen einer Gegenwelt zur reinen Marktvergesellschaftung keineswegs vergessen. Interessanterweise sind es gerade diese,
dem Markt eigentlich äußeren Aspekte, die Online Dating erst zu einem so lukrativen Geschäft für die Anbieter machen.

Kai Dröge, Dr., ist assoziierter Wissenschaftler am Institut für Sozialforschung und Dozent und Modulleiter an der Hochschule Luzern. Er studierte Soziologie, Philosophie und Informatik in Siegen und Gießen und promovierte 2009 in Gießen. Er lehrt und forscht zur Soziologie des Ökonomischen, zu Kultur- und Mediensoziologie sowie zu Methoden der qualitativen Sozialforschung.

Olivier Voirol, Dr., ist assoziierter Wissenschaftler am Institut für Sozialforschung und Senior Lecturer an der Universität Lausanne. Er studierte Sozialwissenschaften in Lausanne, Frankfurt und Paris und promovierte 2005 in Paris. Er lehrt und forscht über Kritische Theorie, Anerkennungstheorie, Kulturindustrie, Kultur- und Kommunikationssoziologie sowie Internet- und Techniksoziologie.