Buchempfehlung

Glory

NoViolet Bulawayo

NoViolet Bulawayos Glory ist eine Satire, ein Epos, eine Fabel, ein Preislied. Es ist ein Lobgesang auf Simbabwe und eine Parodie auf die Diktatoren Mugabe und Mnangagwa und ihre postkoloniale Unterdrückung des eigenen Volkes: Glory to he Lord.

Nein, andersrum, Glory ist ein Lobgesang auf das Leben, das auch unter einem diktatorischen Regime voller Liebe ist, auf die Dissidenten und Oppositionellen, auf die Hoffnung, dass die Humanität irgendwann doch noch siegt. Bis aber die Menschlichkeit regiert, erzählt Bulawayo von ihrem Heimatland als einem „Land der Farmtiere“, in dem keine Menschen auftreten.

Während der Feierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag am 18. April 2017 setzt der Roman ein, Mugabe erscheint als alter, seniler Hengst auf der Bühne, der nicht nur sein Land, sondern das ganze Universum im Griff zu haben glaubt, ja selbst die Sonne gehorcht ihm. An seiner Seite die Gattin, ein Esel, das „Erste Waipchen“ der Nation mit Namen „Marvelous …, besser bekannt als Sweet Mother, weil sie erstens süß und zweitens die Frau des Vaters der Nation“ ist „und seit ihrer legendären Promotion meist als Dr. Sweet Mother angeredet“ wird. Es ist hier wie bei allen nationalen Feierlichkeiten üblich, eine ganze Reihe von Reden zu ertragen, die des „Revolutionsministers, des Korruptionsministers, des Ordnungsministers, des Ministers für Dinge, des Ministers für Nichts, des Propagandaministers, des Ministers für Homophobe Angelegenheiten, des Desinformationsministers und des Plünderungsministers“. Es gibt Applaus, Jubelrufe und Störenfriede, sie stürmen die Bühne wie Flitzer und werden von der Militärpolizei von der Bühne geprügelt, hinter Gitter gesetzt. Es sind die „Defenders“, ihrer Natur nach Hunde, angemessen bewaffnet mit „Schlagstöcken, Seilen, Knüppeln, Tränengas, Schilden und Gewehren“, die hier den Hengst und das Land beschützen. Der oberste Geistliche ist übrigens ein Schwein.

Bulawayo (die mit bürgerlichem Namen Elizabteh Zandile Tshele heißt und mit 18 Jahren in die USA emigrierte) vermag all jenen, die Simbabwes Politik kennen, die Geschichte dieses konkreten Landes zu erzählen, und denjenigen, die dort nicht zu Hause sind, die Mechanismen postkolonialer Diktaturen auf eine Weise zu präsentieren, dass einem das Lachen im Halse stecken bleibt. Jene Störenfriede am Unabhängigkeitstag sind die „Schwestern der Verschwundenen“, jener Oppositionellen, die verschleppt und umgebracht wurden, die keinen Platz in der offiziellen Geschichtsschreibung haben und von denen es in zu vielen Ländern der Welt zu erzählen gibt. Diese Oppositionellen und aus dem Exil Zurückgekehrten werden im Lauf des Romans immer wichtiger – allen voran die Ziege Destiny. In den kurzen Tagen der Hoffnung nach Mugabes Absetzung und Mnangagwas Putsch kehrt Destiny aus dem Exil zurück in ihr Heimatdorf. Durch sie erfahren wir sowohl von dem Genozid Gukurahund wie auch von der Hoffnung auf ein freies Land, auf Demokratie und Gerechtigkeit. In diesem Sommer stehen in Simbabwe wieder Wahlen an.

NoViolet Bulawayo ist ein überwältigender Roman gelungen, inhaltlich und vielleicht noch mehr formal, denn Bulawayo vereint und modernisiert viele Traditionen des Erzählens und Schreibens, spielt mit modernen Medien ebenso wie mit alten Gattungen, und ein bisschen traurig schlägt man das Buch zu und bedauert, dass das Lesen mittlerweile eine einsame Angelegenheit ist, denn dieser Roman muss laut gelesen, ja fast gesungen werden: Bulawayos Sprache vibriert.

Ines Lauffer, autorenbuchhandlung marx & co, Frankfurt