Eine Buchempfehlung:

Rudolf Rach: Eine französische Geschichte. Roman

Weissbooks, Frankfurt am Main 2010, Hardcover, 182 S.
Während sich das Feuilleton im Frühjahr 2010 in einer Debatte um authentisches Schreiben selbst bespiegelt, erscheint der erste Roman von Rudolf Rach, Eine französische Geschichte. Der Geschichte steht ein Motto voran, das keinen Zweifel offen läßt: »Schon der erste Satz, den man über sich schreibt, ist eine Lüge.« Das Zitat wird mit den Initialen »J. B.« ausgewiesen. Zwei Seiten weiter gibt es den Anlaß für den Verdacht, die Zeile stamme von Jean Bart, dem Protagonisten des Romans, und von diesem Moment an entfaltet sich ein feines literarisches Spiel. Bart, Pariser Verleger, sucht eine neue Assistentin. Er findet Margot Rotier, eine hochbegabte Karrierefrau aus der Kulturverwaltung, die sich auf die Stelle bewirbt. Sie ist Barts Verlag durch ihre zurückliegende Affäre mit einem erfolgreichen Autor des Hauses bereits verbunden, und innerhalb dieses Dreiecksverhältnisses zeigen sich Eros und Eitelkeit, Loyalität und Verrat als so unverzichtbare Zutaten bei der Entstehung der »geheiligten Ware« Buch, wie wir es bislang von Text, Druckmaschine, Papier und Einband kennen. Als die designierte Assistentin des Verlegers andernorts einen Roman veröffentlicht, in dem sie Ihren früheren Geliebten durch dessen eigene Briefe bloßstellt, bricht das Beziehungsgebäude zusammen.
Rach beläßt es nicht bei der Einladung zum Blick durch das Schlüsselloch einer Tür des Literaturbetriebs, auch nicht bei einer bezaubernden Ansicht von Paris. Er jongliert mit der Figuration, indem er den Akteuren seines Romas historische Vorbilder unterschiebt, auf Nebengleise lockt, die doch zum Ganzen führen, also einfach brillant erzählt. Das heißt Fiktion und Faktum zu vermengen: »Schließlich ist alle Literatur Verarbeitung von Erlebtem, selbst wenn man es nur in seiner Vorstellung erlebt hat. Im Übrigen, kann man sich etwas vorstellen, was man nicht erlebt hat?« Die Frage, im Roman vom früheren Assistenten des Verlegers gestellt, bleibt offen. Ungewiß auch, wieviel in Jean Bart von Rudolf Rach durchscheint, der seinem Hauptgeschäft natürlich als Verleger in Paris nachgeht. Dort befand schon 1854 ein aus Deutschland Zugezogener: »Ich verbürge nicht die Wahrheit dieser Geschichte; aber sollte sie auch unwahr sein, so bleibt sie doch gut erfunden.« So sprach Heinrich Heine. Vortrefflich erfunden ist Eine französische Geschichte.
Wolfgang Schopf, Frankfurt
 
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