Tägliche Archive: 22. Mai 2019

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Buchempfehlung

Zeichnen für ein Europa

Bilder von 45 Illustratorinnen und Illustratoren. Aus dem Englischen von Fabienne Pfeiffer

Beltz & Gelberg, 12,95 €
978-3-407-81247-6

Dieses Buch gehört zu jenen Büchern, bei denen wir Buchhändler*innen mal wieder nicht so genau wissen, wohin wir es eigentlich stellen sollen. Gehört es in unsere Kinder- und Jugendbuch-Ecke, weil es bunt ist und uns naturgemäß viele der Figuren bekannt vorkommen – immerhin illustrieren die Mitwirkenden sonst vorwiegend Kinderbücher? Oder sind die in ihm enthaltenen Zeichnungen von 45 Illustrator*innen nicht viel zu hintersinnig, ironisch, anspielungsreich, um für Kinder geeignet zu sein? Gehört es gar ins Politik-Regal, weil Europa und seine Zukunft vermeintlich auf dem politischen Parkett zwischen Parteien und Wahlprogrammen ausgehandelt wird?

Die ursprüngliche Idee zu diesen 2017 entstandenen, bebilderten Reflexionen über Europa stammt von Markus Weber, dem Leiter des Frankfurter Moritz Verlags. Er bat die Illustrator*innen der in seinem Haus erscheinenden Kinderbücher, ihre Gedanken zu Europa aufs Papier zu bringen. Die damals entstandenen Bilder aus fünf europäischen Ländern wurden auf der Frankfurter Buchmesse präsentiert, dann im Berliner Bundesministerium für Arbeit und Soziales ausgestellt und später versteigert. Doch die Idee ging auf Wanderschaft, und viele weitere Illustrator*innen, insbesondere auch aus Großbritannien, nahmen Papier und Stift zur Hand, um ihrem Glauben an Europa oder ihrer Kritik am Brexit bildreich Ausdruck zu verleihen.

Ob in Form einer mit 12 gelben Sternen jonglierenden Kuh von Kristina Andres („Genau wie beim Jonglieren muss Europa viel üben, damit es klappt“) oder als zirkusreif balancierende, Fahnen schwenkende Tiere auf einem schwarzen Stier von Thé Tjong-Khing („Die Europäische Union als schwieriger Balanceakt“), fast überall ist unübersehbar, dass Europa mehr ist als eine heterogene Gruppe von Ländern. Auffällig oft stellen die Illustrator*innen die Länder Europas als spielende Kinder dar. Und vielleicht ist das die hoffnungsvollste Deutung der aktuellen Europäischen Union: Kinder, die spielerisch und kreativ lernen, miteinander auszukommen, Kompromisse zugunsten der Gruppe einzugehen und ihre Unterschiede als Stärken zu erkennen. Der deutsche Illustrator Andreas Német stellt den Leser*innen gar eine Europakarte zur Verfügung, die nur aus Länderkürzeln besteht und auf den ersten Blick an „Malen nach Zahlen“ erinnert. Német fordert auf, die persönlichen Verbindungen zu und zwischen den einzelnen Ländern selbst einzuzeichnen. Hier wird vielleicht besonders klar, dass jeder von uns mitbestimmt, was Europa heute und in Zukunft für uns ist oder werden kann.

In witziger, aussagekräftiger und oft subtil nachdenklicher Form regt dieses Büchlein – vielleicht gerade jetzt, kurz vor der Europa-Wahl am 26. Mai – zum Nachdenken und Sprechen über Europa an. 45 europäische Ideen sind hier, ganz wie Europa selbst, in Vielfalt vereint!

Larissa Siebicke, autorenbuchhandlung marx & co, Frankfurt

Buchempfehlung

Fragen an Europa von Gesine Grotrian

Was lieben wir? Was fürchten wir? Illustriert von Susan Schädlich. Ab 12 Jahre

Beltz & Gelberg, 16,95 €
978-3-407-81245-2

Europa! Alle sprechen immer darüber, doch was ist das eigentlich? Was versuchen wir da eigentlich immer vor Populismus und Nationalismus zu schützen? Natürlich ist Europa der Kontinent, auf dem wir leben, keine Frage, doch ist Europa nicht noch viel mehr? Steht dieser Kontinent, dieser Zusammenschluss der Länder, nicht auch für Frieden, Gleichheit und Menschenrechte? Und was wissen wir eigentlich über die EU? Klar, irgendwie bestimmt die EU unseren Alltag, doch die meisten Menschen wissen nicht wie. All diese Fragen und noch einige mehr werden in dem Buch Fragen an Europa geklärt. Man wird mit einigen Grundinformationen, die auch schon sehr interessant sind, in das Buch eingeführt. Weißt du zum Beispiel, wie viele Menschen in Europa leben und wie viele Sprachen in Europa gesprochen werden? Und ist dir eigentlich klar, dass es nicht nur eine, sondern viele verschiedene Definitionen von Europa gibt?

Das Buch kommt mit 60 Fragen an und über Europa daher. Einige sind eher allgemein gehalten, zum Besipiel was eigentlich Populismus oder Pluralismus sind, andere sind sehr spezifisch auf Europa bezogen, wie zum Beispiel, welche besonderen Zugstrecken durch Europa verlaufen. Alles wird mit Hilfe sehr einfacher und doch aufschlussreicher Schaubilder illustriert, die sehr nett gestaltet sind, wie bei Frage 32: „Wer hatte die Idee für die EU? Meilensteine in Bildern“. Die Absicht des Buches ist es, junge Menschen zum Nachdenken über Europa anzuregen, und laut den Autoren hat man das Buch nur dann wirklich verstanden, wenn man mit mehr Fragen aus dem Leseerlebnis herausgeht als man vorher hatte. Ihr Wunsch ist es natürlich, dass Menschen durch dieses Buch Europa lieben lernen, wie sie es tun, da es offensichtlich viele Menschen gibt, die vergessen haben, was wir an Europa eigentlich haben.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen, da es ein für mich sehr interessantes Thema vorstellt. Außerdem gehen die Autorinnen auf einen der wichtigsten Punkte ein, die für ein funktionierendes Europa eigentlich nötig und die Gegenbewegung zum Rechtsruck in Europa wäre: Pluralismus! Er ist wahrscheinlich eine der wenigen Chancen, die wir noch gegen den Gedanken des Nationalstaates haben. Also lasst uns diese ergreifen, um dem fortschreitendem Populismus die Stirn zu bieten. Anfangen sollten wir damit, uns gut über Europa und die EU zu informieren und Möglichkeiten zur positiven Veränderung zu entwerfen. Genau dafür ist dieses Buch perfekt.

Vicco Siebicke, 15 Jahre